Blues im Park
Autor: Stephan Lutz
Gitarre umhängen, Mikro an, Schlappen aus – so beginnt Sebastian Mayer-Ray am Samstag die jüngste Auflage von Blues im Park. Die Einführungsreden sind gehalten und der Spendenzweck erklärt (Siehe gesonderten Text), denn das Open-Air-Event wird auch in diesem Jahr zum Benefiz-Konzert.
Und die Mayer-Band ist bereits zum dritten Mal der Anheizer auf der Bühne vor dem Löw´schen Schloss. Doch in diesem ist alles anders. Denn mit Lara Zirkelbach präsentiert sich das ehemalige Power-Trio jetzt als „Schmuse-Quartett“. Die 20jährige hat mit ihrem Keyboard nicht nur reichlich frischen Wind generiert, sondern Mayer-Ray (Gitarre), Bassist Heinz Bolender und Drummer Tobi Jacobi mit ihrem Instrument ganz neue Sphären des Blues eröffnet. „Unser Repertoire hat sich enorm vergrößert in dem letzten halben Jahr der intensiven Proben“, sagt Jacobi, „denn schließlich wollen wir Lara ein perfektes Bühnendebüt bescheren auf den Bretten, die bekanntlich die Welt bedeuten“, ergänzt Mayer-Ray. Es gibt wahrlich schlechtere Tatorte für den Start einer Weltkarriere.
„Mit dem Essen kommt der Appetit“ überschreibt Bolender das Engagement der Nieder-Florstädterin, das sich aus den ersten gemeinsamem Jam-Sessions entwickelte. Das Setup wirkt breiter, aufgeräumter und irgendwie erwachsener, irgendwie an Pop und Rock angelehnt. Den Fast-zwei-Stunden-Auftritt meistert das Quartett mit Energie, Spielwitz und blusigem Enthusiasmus. Und Lara verlässt auch mal die Bühne, damit das ehemalige Power-Trio mit Blick zurück ein paar Stücke aus der alten Zeit darbietet. Auch wenn an diesem Abend keine „Mustang-Sally“ durch den Park fegt, ist das Publikum begeistert und feiert durchaus ambitioniert mit. Gemeinsam mit Rolf Ackermann (Blues Harp) und Songwriter Martin Schnur gabs dann eine Wiedersehen und -hören mit dem "Plasterstatt-Blues". Und das Publikum macht bei seinem Applaus deutlich, dass es zu schätzen weiß, was die "alten Recken" der heimischen Blues-Szene noch alles so drauf haben. Vielleicht ja ein Anzeichen dafür, dass man beim Nachvorneschauen auch den Blick zurück nicht vergessen soll und mal wieder die Leute auf die Bühne holt, die Blues im Park in der Anfangszeit zu dem machten, was es heute ist.
So richtig ausgelassen wird’s danach bei „Blue-Deal“, die man bereits nach wenigen Klängen den Titel „Power-Quartett“ verleihtl. Wer traut sich schon als Blues-Band auf einem Blues-Festival mit ner Boogie-Nummer zu starten? Doch die Attacke auf mit wippende Köpfe und mit klatschende Hände ist von Erfolg gekrönt. Und nach wenigen Titeln bevölkert sich sogar die Tanzfläche zwischen Bierzeltbestuhlung und Bühne. Dafür und für Sound und Licht sind einmal mehr Wolfgang Boike und sein Team von Joker-Musik verantwortlich. Und sie liefern einem mehr einen Top-Job ab, den nicht nur die Musiker zu loben wissen. Zu schätzen wissen das jetzt auch die Einwohner der Stadener Nachbardörfer, nachdem man beim nachmittäglichen Sound-Check mal so richtig aufdrehte.
„Blue Deal“ aus dem Schwarzwald, am Vorabend noch an der Donau unterwegs, werden an der Nidda zum Top-Deal für Florstadts Kulturbeauftragte Janine Fritzel und natürlich alle Anwesenden. Die haben es sich auch auf Campingmöbeln und Picknick-Decken bequem gemacht. Die Vier spielen frei vom Schubladendenken ihre eigenen Songs, kokettieren mit Soul-, Rock- und eben Boogie-Komponenten und reißen das Publikum so in ihren Bann. Die Texte ihrer Eigenkompositionen befassen sich mit Alltäglichem wie der Wunsch nach einer Herzvermietung, wenn das eigene gebrochen in der Werkstatt auf Reparatur wartet – netter Gedanke. Oder die Aufforderung an Politiker aller Couleur, weniger zu „schwätze“ und mehr zu „schaffe“. Vorbildlich, nur leider nicht in deutscher Sprache, damit es alle im Publikum auch unterstützen können.
Die sampathischen Bandmitglieder sind zwischen 30 und 61 Jahre alt und befassen sich deshalb auch mit generationsübergreifenden Themen. Sie performen über 20 Songs aus ihren drei CD´s, wobei die dritte erst am 10. Oktober rauskommt. Das Stadener Publikum wohnt somit einer inoffiziellen Vorpremiere bei und hofft auf eine Fortsetzung im nächsten Jahr. Man sieht sich ja immer zweimal im Leben.
Bürgermeister Daniel Imbescheid weist ausdrücklichst Aussagen zurück, wonach die Veranstaltungsreihe „Blues im Park“ gestorben sei, dass sie aus Kostengründen nicht weitergeführt werden könne. Angeblich sei die Finanzierung des Events durch den Wegfall der Zuwendungen aus dem Bundesprogramm „Demokratie Leben“ in Zukunft nicht mehr möglich. Dies habe der Rathauschef so verkündet und er sei dafür auch bereits ausgebuht worden, das pfiffen derzeit in Florstadt und Umgebung bereits die Spatzen von den Dächern.
Das ist die Unwahrheit, so Imbescheid, der lediglich erklärt habe, dass zwar die Gelder von „BuntERleben“ fehlen, die Stadt sich aber ihrer Verantwortung für diese Veranstaltung und die komplette Kulturreihe bewusst sei.
Viel mehr sei es so, so Imbescheid nach der Veranstaltung im Gespräch mit dieser Zeitung, dass die Stadt sich ein Konzept überlege, „wie wir das Event am Leben erhalten können“. Aber auf Basis der vergangenen Jahre kann es auf alle Fälle nicht mehr veranstaltet werden. Der Rathauschef ist sich bewusst, dass „die Location in bestem Maße geeignet und der Zuspruch der Leute ungebrochen ist“.
Deswegen werde man jetzt eine Kostenaufstellung erstellen und auf dieser Basis neue Sponsoren und Unterstützer für eine Blues im Park-Fortsetzung 2026 und darüber hinaus suchen. Auch das Thema Crowd-Funding kann dabei in Erwägung gezogen werden.
Der Spendenerlös geht in diesem Jahr an die Agenda-Gruppen „Geschichte“ und „Backhaus“. Es wurde ausführlich darüber informiert, dass im Hof zwischen Saalbau-Museum und Saal Lux in Nieder-Florstadt durch Ehrenamtliche ein Backhaus errichtet wird.
An der obligatorisch zur Verfügung gestellten Marktbude waren die Auslagen mit historischen Koch- und Backutensilien gestaltet. Dieser Anblick und die frisch zubereiteten Schmalz- oder Kräuterquarkbrote, sollten visuell und sensorisch Appetit auf ein Backhaus in Florstadt machen.
In einer kleinen Ausstellung mit historischen Bildern, Landkarten und Anekdoten, die beim Studium uralter Urkunden und Unterlagen zutage gefördert wurden, warben die Geschichtsuntergruppen aus Leidhecken, Staden und Stammheim um Interessen. Man beantworte Fragen zur Ahnenforschung, zeige Nachkommen von Auswanderern die Heimat ihrer Vorfahren, veröffentliche Bücher zur Historie der heutigen Stadtteile und unternehme Führungen durch den Stadener Park oder den alten Stammheimer Ortskern.
Mit den Spenden will man auch angesichts leerer städtischer Kassen unter anderem die Arbeit der ehrenamtlich Tätigen bei der Digitalisierung der Akten voranbringen. Man warbb aber auch um Unterstützung durch jüngere Mitstreiter, die sich in den Bereichen Internetpräsenz oder soziale Medien auskennen.
Bedauerlich, dass an einem mit solch grandioser Musik bestückten Abend im Park in Staden einige, wenige Menschen angetroffen wurden, deren „Spendenetat für diesen Monat bereits erschöpft war“. Diese Menschen haben sich somit der Unterstützung von Kultur, Geschichte und Ehrenamt unverständlicherweise verweigert.
Wie gut, dass bei der Stadt Florstadt ein Spendenkonto eingerichtet wurde: Konto DE93 5185 0079 0027 0309 39, bitte den Vermerk „Geschichte“ oder „Backhaus“ nicht vergessen. Wer seine Adresse hinterlässt erhält automatische eine Spendenquittung.
- STEPHAN LUTZ
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